Fotospot oberhalb von Bad Ems, wo der Erfinder der Leica, Oskar Barnack das erste Foto mit einer Kleinbildkamera geschossen hat

Stadt würdigt Erfinder der Kleinbildkamera

Leica Fotopoint in Bad Ems soll Mekka für Fotografen werden

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Mike Roth

Oskar Barnack machte 1914 mit seiner Leica Kleinbildkamera erste Probeaufnahmen in Bad Ems. Nun soll die Stadt im Rhein-Lahn-Kreis ein Mekka für Fotografen werden.

In Bad Ems gibt es seit Freitag einen Fotopoint, der an Oskar Barnack erinnert, den Erfinder der Leica Kleinbildkamera. Nach Angaben des Kameraherstellers Leica Camera aus dem hessischen Wetzlar hat er am Aussichtspunkt Bäderlei zwei der ersten Probeaufnahmen mit der sogenannten Ur-Leica geschossen.

Auf Initiative des Fotografen Herbert Piel hin haben nun die Firma Leica und die Stadt Bad Ems eine Bodenplatte am Aussichtspunkt Bäderlei eingelassen - genau an der Stelle, von der aus Barnack seine Probeaufnahmen in Bad Ems machte. Zudem erinnert eine Informationsstele an die Geschichte der Erfindung der weltweit ersten Kleinbildkamera.

Liliputkamera revolutionierte die Fotografie

Demnach revolutionierte Barnacks Erfindung die Fotografie. Erst das Prinzip der neuartigen, kleinen Leica-Kamera ermöglichte es, immer und überall spontane Fotos aus jeder Perspektive zu machen. Die Leica wurde vor allem ein Handwerkszeug der damaligen Pressefotografen. Sie konnten mit ihr realitätsnahe Bilder schaffen, deren Aufnahme zuvor fast unmöglich war.

Oskar Barnack in seiner Werkstatt in Wetzlar
Oskar Barnack (1879 bis 1936) mit seiner "Ur-Leica", aufgenommen in seiner Werkstatt in Wetzlar (undatierte Aufnahme).

Ob sich Oskar Barnack der Auswirkungen seiner Erfindung zu Beginn bewusst war, ist nicht bekannt. Er war seit 1911 Leiter der Entwicklungsabteilung bei der Firma Leica in Wetzlar, die damals noch Leitz hieß. In seiner Freizeit war er Wanderer und Hobbyfotograf. Allerdings hinderte ihn oft sein Asthma, zum Fotografieren rauszugehen. Zu schwer, zu groß und zu unhandlich waren die bis dahin gebräuchlichen Plattenkameras.

Erfinder der Leica wollte eine Kamera für die Jackentasche

Barnack bastelte daher neben seiner Arbeit privat an einer kleineren Kamera, die er selbst "Liliputkamera" nannte. Sein neuartiger Fotoapparat war kaum größer als ein heutiges Smartphone und passte bequem in seine Jackentasche. Trotz der damals kleinen Größe der Negative erreichte die Leica später durch die Entwicklung neuer Objektive eine herausragende Bildqualität.

Es dauerte jedoch zehn Jahre bis Barnacks Erfindung 1924 bei Leitz in Serienproduktion ging. Ab 1925 trug sie den Namen Leica, eine Zusammensetzung aus Leitz und Kamera. Einer der drei Prototypen der Ur-Leica wurde im Sommer 2022 für 14,4 Millionen Euro versteigert. Unter vielen Fotografen gilt eine "Leica" bis heute als Inbegriff der Fotografie.

Der Fotograf Herbert Piel und Tim Pullmann von Leica in Bad Ems
Der Fotograf Herbert Piel (links) und Tim Pullmann, Head of Retail Leica Stores Deutschland und Österreich stehen auf der Aussichtskanzel Bäderlei hoch über der Kurstadt Bad Ems.

Auch der Fotograf Herbert Piel hat sich seit seiner Jugend mit der Geschichte der Leica auseinandergesetzt. Piel ist in Bad Ems aufgewachsen. "Ich wusste schon als 17-Jähriger, was Barnack an der Bäderlei gemacht hat", erzählt er im Gespräch mit dem SWR.

Demnach war Barnack 1914 mit seinem Chef an die Lahn gereist, um dort Filmaufnahmen von Bad Ems zu machen und eine Kinokamera mit Kurbelantrieb zu testen, die Barnack bei Leitz entwickelte. Dabei führte ihn der Weg auch auf den Aussichtspunkt Bäderlei hoch über Bad Ems, wo er zwei Fotos eines Mannes an der Kinokamera machte.

"In Bad Ems hat keiner das Potenzial erkannt."

Herbert Piel hat nach eigenen Angaben 40 Jahre lang versucht, die Stadtoberen in Bad Ems davon zu überzeugen, den Standort zu kennzeichnen. "Keiner hat das Potenzial dieses Plateaus und die Bedeutung in der Fotografhistorie erkannt", erklärte Piel bei der Eröffnung des neuen Fotopoints. Offene Ohren habe Piel erst beim derzeitigen Stadtbürgermeister Oliver Krügel (CDU) und dem Bad Emser Touristiker Christoph Keul erhalten.

Die Stadt Bad Ems hofft nun, dass der Fotopunkt auf der Bäderlei auf ähnlich großes Interesse bei Hobbyfotografen stößt, wie ein weiterer Fotopoint in Wetzlar. Laut Piel pilgern dort jährlich Tausende Foto-Fans hin. Dort hatte Oskar Barnack ebenfalls Probeaufnahmen mit seiner Ur-Leica gemacht, die sich auf dem selben noch erhaltenem Film wie die aus Bad Ems befinden sollen.

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