Sebastian Hoeneß vom VfB Stuttgart

Fußball | Bundesliga

VfB-Trainer Hoeneß steigt auf den Zaun: "Ich lasse jetzt einfach mein Herz sprechen"

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Johannes Holbein

Der VfB Stuttgart bezwingt den FC Bayern München im Südschlager und setzt einer beeindruckenden Saison ein weiteres Sahnehäubchen auf. Sogar die Vize-Meisterschaft ist möglich.

Am Ende dieses emotionalen Südschlagers löste Sebastian Hoeneß ein Versprechen ein. Vor einiger Zeit hatte er angekündigt, gemeinsam mit den Fans auf dem Zaun zu feiern, wenn der VfB Stuttgart etwas erreicht habe. Es hätte in dieser beeindruckenden Saison schon früher passende Momente gegeben, aber jetzt, da der VfB sicher in der Champions League steht und sogar den FC Bayern München 3:1 (1:1) geschlagen hat, war es soweit.

Hoeneß begab sich zu den Fans und leitete emotional ein: "Ich lasse jetzt einfach mein Herz sprechen." Fast etwas schüchtern, in jedem Fall aber stolz rief er den ekstatischen Fans zu: "Ich weiß gar nicht, was ich jetzt tun soll. Ich möchte euch im Namen der Mannschaft danken für das, was wir gemeinsam erleben durften. Das ist unbeschreiblich."

Stergiou trifft zum ersten Mal in der Bundesliga

Es ist nur eine von vielen emotionale Geschichten, die es über dieses 110. Aufeinandertreffern der beiden Teams in der Bundesliga zu erzählen gibt. Eine weitere ist die von Stuttgarts Rechtsverteidiger Leonidas Stergiou, der beim VfB lange Zeit im Schatten von Josha Vagnoman und Pascal Stenzel stand, sich mit viel Arbeit von Woche zu Woche weiterentwickelte, spätestens nach der Verletzung von Vagnoman eine feste Größe des Teams geworden ist und jetzt, mit 22 Jahren, gegen den großen FC Bayern München seinen ersten Bundesliga-Treffer erzielt hat.

Und was für einen: Stergiou lupfte den Ball nach herrlichem Zusammenspiel mit Undav über Manuel Neuer hinweg ins Tor (29. Minute). "Es ist unbeschreiblich, vor so einer Kulisse in Stuttgart ein Tor zu machen und danach zu feiern. Das ist Wahnsinn", sagte Stergiou hinterher. Seine Familie war im Stadion.

Jeong macht sein erstes Bundesliga-Tor für den VfB

Erzählenswert ist auch die Geschichte von Flügelspieler Woo-yeong Jeong, über den in den vergangenen Wochen vergleichsweise wenig gesprochen wurde, weil die Augen eher auf Chris Führich oder Jamie Leweling gerichtet waren. Ausgerechnet der eingewechselte Jeong köpfte den VfB dann aber mit seinem ersten Bundesliga-Tor für die Schwaben wieder in Führung (83.).

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Selbst der unzufriedene Silas darf sich freuen

Die vielleicht emotionalste aller Geschichten aber schrieb Silas Katompa Mvumpa. Er hatte in den vergangenen Wochen selbst nach gewonnenen Spielen unglücklich gewirkt, war mit seiner wenigen Einsatzzeit unzufrieden. Nicht wenige vermuten, dass er den Verein womöglich verlassen könnte. Silas kam in der Schlussphase ins Spiel, legte das 2:1 vor und machte in der Nachspielzeit das dritte Tor für den VfB, das Serhou Guirassy ihm mit einem gewonnenen Zweikampf vorbereitet hatte. Hoeneß bejubelte diesen Treffer, als hätte er ihn selbst erzielt.

Erster Heimsieg gegen die Bayern seit 2007

Nach langer Zeit mal wieder war der VfB den Bayern nicht nur ebenbürtig, sondern phasenweise sogar deutlich überlegen. Ein paar Zahlen: 60:40 Prozent Ballbesitz für den VfB, 24:10 Torschüsse für den VfB, 3:1 Tore für den VfB. Nur mal als Orientierung: Der VfB hatte die vergangenen 13 Pflichtspiele zu Hause gegen die Bayern verloren.

Es war der erste Heimsieg gegen die Münchner seit 2007. Das sollte auch dadurch nicht geschmälert werden, dass den Münchnern verständlicherweise anzumerken war, dass sie am Mittwoch ein nicht ganz unbedeutendes Champions-League-Halbfinal-Rückspiel bei Real Madrid zu spielen haben.

Schiedsrichter-Diskussion gerät in den Hintergrund

Jeong und Silas sei Dank, dass in Stuttgart nach diesem Südschlager nicht wie nach dem 2:2 bei Leverkusen quasi nur über den Schiedsrichter und Video-Schiedsrichter diskutiert wird. Unerwähnt sollte die 35. Minute dennoch nicht bleiben: Bayerns Serge Gnabry kam im Strafraum des VfB zu Fall. Waldemar Anton hatte ihn irgendwo zwischen Gesicht und Hals berührt, keineswegs stark und in gar keinem Fall stark genug, um deshalb einen Elfmeter zu pfeifen. Aber Gnabry sank zu Boden und Schiedsrichter Tobias Welz zeigte auf den Punkt. Video-Schiedsrichter Benjamin Brand sah zum Verzweifeln von Hoeneß und den VfB-Fans keinen Grund, einzugreifen. Harry Kane verwandelte den Elfmeter zum 1:1 (37.).

VfB kann noch Vize-Meister werden

Letztlich war diese ebenfalls emotionale Geschichte aber am Ende dieses Nachmittags fast schon vergessen. Schließlich schwebt der VfB so hoch wie lange nicht mehr und zumindest für den Moment auch über diesen Schiedsrichter-Dingen.

Hoeneß und sein Team liegen als Tabellendritter nur zwei Punkte hinter den Münchnern. Bei noch zwei ausstehenden Spielen gegen Augsburg und Gladbach ist selbst die Vize-Meisterschaft noch möglich. Es wäre das Sahnehäubchen auf dem Sahnehäubchen auf dem Sahnehäubchen.

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Johannes Holbein