Alex hat als Geisterfahrer einen Menschen getötet

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Mona Geier

Ich wollte die Zeit zurückspulen. Aber irgendwann musste ich realisieren: Ich muss damit leben

Alex ist Projektleiter aus Mainz. Der 29-Jährige spielt Fußball, Beachvolleyball und vieles mehr. Er ist gerne unterwegs und hat einen großen Freundeskreis. Ein gutes Leben, für das er dankbar ist. Doch es liegt ein Schatten auf seiner Seele. Er hat bei einem Unfall einen Menschen getötet. Damit muss er seit einigen Jahren leben.

Mit einem Schlag ist alles anders

Es ist 2015: Alex ist 21 Jahre und mit Freunden als Backpacker unterwegs. Eine schöne, unbeschwerte Zeit. Sie jobben auf Farmen und genießen das Leben.

„Andere hatten sich gleich nach dem Abi aufs Studium gestürzt. Wir dachten: wir sind noch jung, wir wollen erst einmal herausfinden, wie es weiter gehen soll.”

An ihrem letzten Abend holt Alex die anderen mit einem Auto ab. Es ist schon dämmerig auf dem Highway. Alex macht einen U-Turn, biegt ab und landet auf der falschen Straßenseite. Nur 50 Sekunden dauert die Geisterfahrt. Dann kracht es: Alex prallt frontal in ein anderes Fahrzeug. Darin sitzt eine Frau, Mutter von zwei jungen erwachsenen Kindern. Sie stirbt.

„Da bricht eine Welt in einem zusammen und man fällt und fällt, und weiß nicht, wann das aufhört."

Die Qual der Schuld

Alex wird nach dem Unfall sofort im Krankenhaus am Knie operiert. Seine Freunde sind nur leicht verletzt und können bald nach Hause fliegen. Alex muss bleiben. Schlimmer, als die Schmerzen ist die Gewissheit: Er hat jemanden getötet. Ganz allein wartet er in Australien monatelang auf den Gerichtstermin.

Ich habe niemanden an mich herangelassen, alles abgeblockt und wenig geredet. In meine Gedanken drehten sich immer darum: warum habe ich diesen Fehler gemacht?

Er versucht mit der Familie der Verstorbenen Frau Kontakt aufzunehmen, aber die möchte das nicht.

Der junge Mainzer wird dann von einem australischen Gericht zu zwei Jahren verurteilt. Vier Monate davon muss er dort ins Gefängnis, der Rest ist auf Bewährung. Im Gefängnis quälen ihn die Fragen nach dem warum weiter. Er muss eine Entscheidung fällen: Gebe ich auf, oder finde ich einen Weg mit der Schuld zu leben. Aber wie? Nach vier Monaten darf Alex ausreisen und zurück nach Deutschland fliegen. Mit Hilfe der Gefängnis-Sozialarbeiter, aber vor allem zu Hause mit der Unterstützung seiner Familie und Freunde findet er neue Energie und Lebenskraft.

Leben mit Schuldgefühlen/Oder: Wenn keiner einem vergeben kann


„Wenn ich aufgegeben hätte, wenn ich keinen Lebensmut mehr gefunden hätte, wäre das auch nicht der richtige Weg. Es ist jetzt auch nicht der richtige Weg mit Saus und Braus durchs Leben zu düsen. Aber ich denke, man muss mit dem Fehler einfach leben.“

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Das Problem ist, wie im Handwerk allgemein: Es will keiner mehr dreckig werden, es will keiner mehr bei Wind und Wetter draußen sein.
Hans-Peter, 70, Hufschmied aus Aichwald
Eigentlich ist Hans-Peter schon längst im Rentenalter, aber aufhören will der Hufschmied noch nicht so richtig. „So zweimal in der Woche, 2-4 Pferde, mehr will ich nicht. Und mehr lässt auch meine Frau nicht mehr zu“, sagt er lachend. Was ihn an seinem Beruf glücklich macht, hat er uns erzählt: „Man hat mit Lebewesen zu tun. Man hat eine Verantwortung gegenüber den Lebewesen.“
Nachwuchsmangel im Handwerk
Neben seiner Liebe zu seinem Handwerk gibt es aber noch eine zweite Sache, die ihn weiterarbeiten lässt: Der Nachwuchsmangel. Der 70-Jährige beobachtet: „Die Eltern wollen für ihre Kinder immer, dass es ihnen besser geht als ihnen selbst. Die sollen nichts mehr arbeiten, die sollen nur noch am Computer sitzen im Warmen und die Tasten drücken und das funktioniert bei uns nicht.“
Ohne Pferde geht es nicht
Für ihn käme das nicht in Frage – die Arbeit mit den Pferden, auch der Umgang mit seinen Kunden – Hans-Peter liebt seinen Beruf. „Ich mache das eigentlich nicht wegen dem Geldverdienen, das ist eine Passion. Ich kann nicht ohne.“

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Mona Geier